Holz am Puls der Zeit
Bilder, Skulpturen und Leuchtobjekte im Mendiger Caféhaus
MENDIG. Doris Mock-Kamm und Lotar Martin Kamm,
beide Jahrgang 1957, zeigen zur Zeit einige ihrer Arbeiten im Mendiger
Caféhaus.
"Ist es nicht die Natur, die uns ihre unendliche Form- und Farbgebung
offenbart?" Diese Frage stellt sich Lotar Martin Kamm, und die
darin enthaltene Aussage wörtlich nehmend, verarbeitet er gerne
"Gewachsenes" seiner organischen Natur entsprechend in seinen Werken.
Holz zum Beispiel ist ihm, der 1983 seinen Abschluß als Möbeltischler
machte und jetzt als Bühnentischler am Schloßtheater Neuwied arbeitet, ein
vertrautes Material. In seinen Holzbildern, die er aus verschiedenfarbigen
Holzarten gestaltet, kommen sowohl abstrakte wie auch realistische
Tendenzen zum Ausdruck.
"Momentan zentriert" heißt eines dieser Bilder, in dem geometrische Körper
in perspektivischem Aufbau sich auf einen bestimmten Punkt zentrieren.
"Fruchtbarkeitsliebeszentrumsbereitschaftsdienst" nennt er eine
Bildkomposition, die im wesentlichen den Umriß eines weiblichen Torsos
zeigt.
Bei den Leuchtbildern, beziehungsweise Tischlampen benutzt Kamm
hauchdünne verschiedenfarbige Holzfurniere, die er zunächst auf Glas
aufklebt, um dann damit bildartige Objekte zu konstruieren. Diese
transparenten Holzbilder werden durch eine im Hintergrund angebrachte
Lichtquelle zum Leuchten gebracht.
Kleinformatige, skurrile Holzfiguren, die Kamm als
"Freiheitsstattstatue", "Metamorph" oder als "Gedanken ... zu Antonio
Gaudi" bezeichnet, regen zum Nachdenken an, lassen aber auch die Frage
wachwerden: Wieso?
Die zeitkritische Tendenz im Werk von Doris Mock-Kamm ist
vielleicht eines seiner wichtigsten Merkmale. Es sind schwarze,
skelettartige Strukturen, die der Betrachter zunächst an ihrem Objekt
"Splitterungen" wahrnimmt.
Aus der Nähe betrachtet, erkennt man, daß Mock-Kamm zerrissene
schwarze Nylonstrümpfe auf weißem Untergrund montiert hat. Dieses Bild
setzt Gefühle frei, weckt Assoziationen, die nicht zuletzt auch durch den
Titel "Splitterungen", in dem die Worte "Splitter" und "Erinnerungen"
enthalten sind, Bestätigung finden.
Ein weiteres größeres Objekt dieser Künstlerin trägt den Titel "Ich habe
Zeit totgeschlagen". Auf einer kalkweißen, einem Paravent ähnlichen Wand
drapierte sie, eine dort winzig wirkende Damenarmbanduhr. "Die Zeit", so
sagte dazu Mock-Kamm, "ist erbarmungslos, und wir sollten uns von
ihr nicht überrollen lassen. Sie sollte totgeschlagen werden, um eine
Atempause, um eine Art Stillstand herbeizuführen, der Zeit zur Muße
zuläßt." Pastell-Bilder im konstruktiven Stil und flauschig-weiche
Haar-Bilder sind als weitere Werke von Doris Mock-Kamm im Caféhaus
zu sehen.
Zur Biografie der beiden Künstler wäre noch anzumerken, daß sie im
ehemaligen Bahnhof von Willmenrod, Westerwald, leben und arbeiten, und daß
Doris Mock-Kamm im vergangenen Jahr den Kunstverein Westerburg e.V.
gründete, mit dem sie bisher Ausstellungen in Hachenburg und im Kunsthaus
Wiesbaden organisierte. |